In dieser Nacht träumte die Müllerin schwer, und als sie schweißnaß und wie durchgenudelt erwachte, schwante ihr nichts Gutes. Und siehe da, der Mops lag kalt und mausetot neben ihr im Bett. "Vermaledeite Mehlmotte!" keifte sie schrill und verschluckte sich an einer Träne. Sie schickte alle Kerle zum Teufel, die die falschen Frauen vögelten, warf sich die vollkornfarbene Burka über und ging zum Tierheim, um einen neuen Hausfreund zu adoptieren. So kam es, daß sie ihr Leben mit einem Frettchen möblierte.
Ich erlebte die Hundstage auf der Almhütte, war schon seit Wochen nicht mehr in den Dorfkrug eingekehrt. Dreiviertel des mitgebrachten Papiers war eng beschrieben mit immer nur einem einzigen Wort: Obzwar. Obzwar Obzwar ObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwar ObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwar ObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwar ObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwar ObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwar ObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwar ObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwar ObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwar ObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwar ObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwar ObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarObzwarIch näherte mich also keineswegs dem Showdown meines Romans. Ich wußte nicht mehr, welcher Wochentag war, es fühlte sich an wie stets kurz vor Dienstag. Hätte ich doch wenigstens Herrn Brckvtcjk anrufen können, um mich zu erden, aber der Akku meines Mobilephone war schon lange leer. Fast war ich soweit, eine Kuh hereinzubitten, ihr die Glocke abzustreifen und... Wenn das die Mutter wüßte...
Leck mich in ne Täsch! Samstachmorgen und irjendwas gegen sechs. Ich war endlich mal wieder klar. Die Zeit ist ein Rausch. Aus irgendeinem Grund drängte es mich auf zu sagen: „Das Leben war schön. Das Leben war wunderschön.“
Frische Brötchen, heißer Kaffee. Lecker mampfen. Das ist. Das war nicht! Was ging hier vor?
Samstagmorgen. Noch drei Tage und ich würde wieder nicht sterben. Hoffnung keimte in mir auf - switch - völlige Dunkelheit. Ich sah die Hand vor Augen nicht.
Ich sah dann aber einen kleinen Mann, der ganz verstohlen in meinen Mülleimer rein schaute. Er blieb stehen, griff hinein und holte eine Pfandflasche hervor. Sie verschwand in seiner mitgebrachten Stofftasche. Es klingelte an der Tür. Wie selbstverständlich stand ich auf, ging zur Tür und öffnete sie. Es stand eine Reisebus im Maßstab 1:25 vor meiner Etagentür und ein mir nicht enden wollender Strom an kleinen Menschen stieg aus. Sie grüßten freundlich und gingen nach einander an mir vorbei in die Küche, schauten in meinen Mülleimer, nahmen sich ihr Pfand, sprangen in die Spüle und verschwanden im Ausguß.
Im selben Moment sah ich einen Schatten die Treppe hoch kommen. Ich erkannte ihn gleich. Es war Monoimos der Araber, der alte Kumpel von Hippolyt. Er stieg über den Reisebus, reichte mir beide Hände und sagte: „Gib es auf dir über Gott und die Welt etc. das Gehirn zu zermartern. Sortiere dich selbst heraus aus dir. Lerne festzuschreiben, wer derjenige ist, der alles in dir rundweg für sich reklamiert; der bestimmt: Mein Gott, mein Verständnis, mein Denken, meine Psyche, mein Körper! Lerne aufzudröseln: Woher kommen Depression und Gelöstheit, Liebe und Haß? Woher stammt die Schlaflosigkeit und das Schlafenmüssen, ohne beides zu wollen? Woher Wuthaben und Gernhaben, ohne je eines zu wollen? Wenn du dies präzis überschlagen hast, dann erst wirst du dich selber finden. In dir. Das ist das Eine, das ist das Viele. Das ist das Jota! Nur so wirst du den Ausweg aus dir selber finden.“
Er lies meine Hände los, ging in die Küche und nahm sich eine Pfandflasche aus der Mülltüte. Dann kam er wieder zu mir, hielt die Pfandflasche in beiden Händen vor die Brust und verbeugte sich leicht mit einem Lächeln. Irgendwie hatte ich das Gefühl das Monoimos der Araber; immer kleiner wurde, bis er sich endlich im Reisebus hinters Steuer setzte und mit Holter und Diepolter die Treppe runter rumpelte.
Es gab kein Switch, kein Swätsch und auch kein Swutsch. Ich saß einfach wieder an meinem Küchentisch und sehnte mich nach der Müllerin. Oder ihrer Schwester.
Doch weder Herr G. Brckvtcjk, Tel.: 690815 oder Monoimos der Araber, der alte Kumpel von Hippolyt, noch alle anderen waren für mich jetzt greifbar. Es bestanden ca. 6 Milliarden Möglichkeiten nicht alleine zu sein. Pro Mensch Eine. Und trotzdem war ich alleine. Ganz allein. Mir wurde auch wieder bewußt, daß ich mich auf keinem heiligem Boden befand. Keiner heiligen Zeit. Es war Samstagmorgen. Wer, wie oder was sollte mich daran hindern, mir nicht jetzt ´ne Kugel durch den Kopf zu jagen? Niemand! ... Ich hatte nur keine Knarre und Hunger.
Es wurde Mittwoch? Nein, es WAR Mittwoch! Es war wirklich Mittwoch, ich hatte diese Nacht überstanden, und ich werde auch jede weitere Nacht ohne ihn überstehen. Es werden lange Nächte werden, gedankenvolle, durchträumte, durchweinte, unruhige Nächte. Nächte ohne ihn. Und auf die Nächte werden wieder Tage folgen, in denen ich mich kaum bewegen werde können. Doch ich werde jeden Morgen aufstehen, werde zur Arbeit gehen, meine Pflichten verrichten, und dann, irgendwann einmal, wenn die Zeit gekommen ist, dann werde ich nicht mehr darüber nachdenken müssen, wie wundervoll mein Leben einst gewesen war. Mein Leben mit ihm. Das einzig Wichtige in diesem Moment war aber, dass die Uhr gerade auf 00:01 gesprungen war. Ich hatte Dienstag überstanden, den Tag, an welchem ich dachte sterben zu müssen, und es doch nicht getan hatte, denn ich werde mir nicht an einem Dienstag das Leben nehmen!
Ich finde das wirklich eine total super Idee - sollte es öfter geben, dass jemand versucht Menschen zu animieren
einfach mal ihre Phantasie anzuregen und drauflos zu schreiben! Wer immer diesen Einfall hatte, ich hoffe es
folgen noch weitere solcher Art!!!
Jetzt war ich total verwirrt. Meine weibliche Seite hatte sich gemeldet und ihr ging es offensichtlich auch nicht gut. Oh Gott, was könnte alles passieren! Mir könnte ich ja noch scheißegal sein und sie sich auch, aber was war, wenn der Eine wollte und die Andere nicht oder umgekehrt. Seit Monaten war ein Buch auf der Bestsellerliste: "Wer bin ich und wenn ja wieviele?" Männchen, Weibchen, geschlechtslose Alliens. Wer hauste in mir und welches Massaker könnte entstehen, wenn einer von mir die Nerven verlöre. Massaker! Oh my god! Oohh mmyy ggoodd! Oooohhhh mmmmyyyy ggggoooodddd! Ich brauchte ´nen Schnaps.
Und an dem Schnaps werde ich nicht sterben, nein, ich weigere mich, mir an einem Dienstag das Leben zu nehmen. Und wo kämen wir denn überhaupt hin, wenn sich alle an einem Dienstag mit einem Schnaps das Leben nähmen? Keiner käm am Mittwoch, um Schnaps zu brennen, und keiner könnt sich am nächsten Dienstag das Leben nehmen. Nein, ich weigere mich, mir an einem Dienstag das Leben zu nehmen, und wenn, darf ich daran keinesfalls sterben.
Vom Vater hab ich die Statur, des Lebens ernstes Führen, Vom Mütterchen die Frohnatur, Und Lust zu fabulieren (Goethe)
Schnaps! Das war sein letztes Wort, da trugen ihn die Englein fort.
Jeder weiß, daß das am Rosenmontag geschah. Mille Willewitsch irrte nicht. Der kannte sich aus. Der war ein Profi. Der brauchte nur auf die Bühne zu kommen und die Leute starben vor lachen. Clever war er auch, denn er hat den Eintritt vorher kassiert.
Und wenn ich gleich nach der ganzen Schnapssauferei kotze und mir alles nochmal durch den Kopf gehen lasse, weiß ich,... Ja, was denn eigentlich?
Es war wieder einmal ein Dienstagabend. Ich war absolut entschlossen die intolerante, schmarotzende, faschistoide Bourgeois, als intolerante, schmarotzende, faschistoide Bourgeois zu beschimpfen. Das würde Ärger bringen, aber auch Emotion und die nicht nur bei mir. Und nach der Emotion würde es eventuell Nüchternheit geben oder weitere irrationale Emotionen und Verhalten. Es konnte nur vorwärts gehen und irgendwann würde das Ziel erreicht sein. Ein klarer Fall von Dienstag.
Doch das war nun alles nicht wichtig. Er wollte nur eins beweisen: es würde ihm doch gelingen an einem Diensteag zu sterben! Er erinnerte sich an das Nachtgeschirr mit Zwiebelmuster. Ihm kam der Gedanke es zu zertrümmern und sich mit den Scherben die Pulsadern aufzuschlitzen. "Zuviel Blut", dachter er dann. Und der Beschneider? Vielleicht konnte er ihm das Messer entwenden? Aber ach ja, der benutzte ja eine Rasierklinge. Die würde mittlerweile schon verrostet sein. Diese Dinger sind ja nicht mal einen Millimeter dick. Wenn überhaupt. Was ist mit der Müllerin? Die könnte ihn ja im Forellenbach ertränken. Oder? Ihm fiel ein, dass das nur wieder seine Fackel entfachen würde und ihn sein Vorhaben vergessen liesse. Was war also zu tun?